Unsere Partnerschaft mit der Fachoberschule Ansbach
von Josef Prantl
„Partnerstadt Salzburg“: Seit dem Jahr 2000 ist die Stadtgemeinde Meran mit der Stadt Salzburg offiziell partnerschaftlich verbunden. Beziehungen werden von Menschen geprägt, Partnerschaften sind die Brücke dazu. Manchmal ist es wichtig, die gewohnte Umgebung zu verlassen, um neue Eindrücke und Sichtweisen zu sammeln. Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen, Schulleitung; grenzüberschreitende Zusammenarbeit, gemeinsame Unterrichtsprojekte, die Förderung interkultureller, sozialer und fachlicher Kompetenzen, das alles lässt sich sehr gut mit Schulpartnerschaften machen. Seit 2015 pflegen das Realgymnasium und die TFO Meran einen regen Austausch mit der Fachoberschule in Ansbach.
Einladung aus Ansbach
Am Anfang stand eine Einladung: „Die staatliche FOSBOS Ansbach sucht eine Partnerschule in Südtirol.“ Direktor Franz Josef Oberstaller zeigte mir damals das Schreiben und schon war beschlossen, darauf zu antworten. In Ansbach war es Uwe Nickel, Studiendirektor für Physik und Mathematik und leidenschaftlicher Alpinist, der seine damalige Chefin, Heidi Hübner, mit der Idee begeisterte, seine Schülerinnen und Schüler mit einem Seminar zur Südfront im Ersten Weltkrieges, zu gewinnen. Eine passende Südtiroler Schule dafür zu gewinnen, war erst einmal sein Plan. Geworden ist daraus dann eine Partnerschaft, die in den Schuljahren 2019-2022 über Erasmus+ gefördert wurde.
Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik
Die Einladung von Heidi Hübner kam überraschend und das Thema der Tagung, für die uns die Ansbacher Schulleiterin gewinnen wollte, klang interessant. Es war die erste persönliche Begegnung im Herbst 2015 in Ansbach, die Stadt Kaspar Hausers, der Markgrafen-Residenz, von BiFi, Oechlser und Bosch. Professorin Tuyet Helmke von der Universität Koblenz sprach über „Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und Schulentwicklung“. Seitdem ist mir der Begriff mehrfach begegnet. Oberstudiendirektorin Heidi Hübner (mittlerweile ist sie für aller Fachschulen in Ostbayern zuständig), Uwe Nickel, Christoph Göppner und Alexandra Gagel bereiteten Direktor Franz Josef Oberstaller und mir einen herzlichen Empfang. Beim gemeinsamen Abendessen wurden Pläne geschmiedet. Unter dem Projekttitel „Innovation macht Schule“ sollte bald schon um eine Erasmus-Förderung angesucht werden.
Erasmus-Anläufe
Während der Semesterferien 2016 besuchte uns Studiendirektor Uwe Nickel in Meran und gemeinsam erarbeiteten wir das erste Erasmus-Gesuch. Projektorientierte Zusammenarbeit auf Schülerebene, auf Ebene der Lehrpersonen und der Schulleitung waren vorgesehen. Alle sollten miteingebunden werden. So wollten wir Austauschpraktika, Seminarwochen durch „Lernen vor Ort“, Schul- und Unterrichtsentwicklung gemeinsam gestalten. Der erste Anlauf bei Erasmus scheiterte allerdings. Entmutigen ließen wir uns trotzdem nicht und so kam es im September 2017 zur ersten gemeinsamen Seminarwoche in Südtirol. „Holz im Bauwesen und in der Architektur lautete das Thema, das wir in Zusammenarbeit mit dem damaligen IDM Cluster „Ecosystem Alpine Technologies Wood“, heute im Noi-Techpark angesiedelt, das wir für zwei Schülergruppen vorbereitet hatten. Betriebsbesichtigungen bei Ligna Construct in St. Pankraz, Microtec, Holzbau Rubner, Ligno Alp und Magagna Legno in Brixen sowie Expertenvorträge (u.a. mit Dr. Paolo Bertoni) standen neben kulturellen Erlebnissen (Wanderung auf den Schneeberg) auf der Wochenagenda.
Kooperationsvertrag und weitere Seminarwochen
Im März 2018 wurde im Rahmen der 2. Seminarwoche „Holz.Bau.Architektur“ in Ansbach der Kooperationsvertrag zwischen den zwei Schulen unterzeichnet. Die Schülerinnen und Schüler waren damals noch bei Gastfamilien untergebracht. Kultureller Höhepunkt der Woche war die Besichtigung der NS- Reichsparteigeländes und Dokumentationszentrums in Nürnberg. Auf ihrer Radtour von Füssen nach Bozen besuchte im September 2018 eine Gruppe Ansbacher Maturanten mit ihren zwei Begleitpersonen, Susanne Gruber und Alexander König, unsere Schule. Unter dem Thema „Digitalisierung und alpine Technologien“ fanden 2019 zwei weitere Seminarwochen statt. Auf dem Programm standen Expertenvorträge zu Themen wie „Digitale Trends in Südtirol“, „Alpine Technologien“, „Smart City Bozen und Trient“, Betriebsbesichtigungen bei SALEWA, Führung durch EURAC und den NOI-Techpark mit dem TerraXcube. Kultureller Höhepunkt waren die Seilbahnfahrt auf den Schnalser Gletscher und der Empfang in Meraner Rathaus durch den Bürgermeister.
Einblick in die digitale Transformation Südtirols
EURAC, NOI-Techpark, Fachhochschule Ansbach, Unternehmen wie transnova-Ruf (in Ansbach) oder Dr. Schär (in Südtirol) öffneten bereitwillig ihr Tore für die Projektgruppen. Immer mehr kristallisierte sich das neue Thema „Digitalisierung“ heraus, das schließlich eine Förderung durch Erasmus+ erhielt.
Wissen teilen und digitale Bildung gestalten
2019 gelang es, eine Förderung über Erasmus zu erhalten. Unter dem Motto „Wissen teilen und digitale Bildung gestalten“ nahmen wir uns vor, Erfahrungen im Bereich der Digitalisierung im Bildungsbereich auszutauschen und uns weiterzuentwickeln. „Digitalisierung im Bildungsbereich“ stand im Mittelpunkt einer Seminarwoche in Ansbach im November 2020 für Schulleitung und Lehrpersonen der Partnerschulen.
Corona bedingt kam es in den Folgejahren zu Zwangspausen, ohne jedoch die Partnerschaft zu gefährden. 2020 war eine Gruppe Meraner Lehrpersonen erstmals in Ansbach gewesen, im Oktober 2021 folgte der Gegenbesuch in Meran. Die Schulleiter, Gernot Helmreich (der Heidi Hübner an der FOS abgelöst hatte) und Alois H. Weis (der am RG und an der TFO Meran Franz Josef Oberstaller gefolgt war) lernten sich persönlich kennen. Digitalisierung der Schulverwaltung, Digitales Register, digitale Lernplattformen und Lernprodukte waren einige der Themen der gemeinsamen Fortbildungswoche in Meran. Vorgestellt wurde den Ansbacher Freunden auch das inklusive Modell Italiens und das Inklusionskonzept an unserer Schule. Nicht fehlen durfte der sogenannte Blick über den Tellerrand in Form von Unterrichtshospitationen bei den Meraner Kollegen. Univ. Prof. Demis Basso stellte auf der gemeinsamen pädagogischen Tagung das „Labor für Kognitions- und Erziehungswissenschaften“ an der FU Bozen vor und ging in einem Impulsreferat auf psychologische Aspekte ein, die für den Lernprozess relevant sind.
Vorbereitet wurden auch drei Seminarwochen im April und Mai 2022 für Schülerinnen und Schüler sowohl in Meran als auch in Ansbach. „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Herausforderung im gemeinsamen Europa“ lautete das Kernthema, zu dem die Schülergruppen digitale Lernprodukte entwickelten und auf einer Webseite veröffentlichten. Unter Leitung von Matthias Schmitz und mir hatten mehrere Lehrpersonen an den zwei Schulen einen Lernzirkel zur Thematik vorbereitet.
Es geht weiter
Auch wenn viele schon vorher im Ausland waren, müssen sich die Schülerinnen und Schüler doch bei einer Begegnung mit der Partnerschule auf Neues einlassen. Nicht zuletzt bringt ein internationales schulisches Austauschprojekt ganz neue Formen des Lernens und der Interaktion. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer lernen sich von einer ganz anderen Seite kennen und machen gemeinsam bedeutsame Erfahrungen. Auch wenn mit dem Schuljahr 2022 das Erasmus+-Programm ausgelaufen ist, der Schulpartnerschaft macht das keinen Abbruch.