Monte Sole: Einmal Hölle und zurück

Gruppenbild in Marzabotto

Gruppenbild in Marzabotto beim Sacrario

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges ereigneten sich in Italien eine Reihe von Massakern an der Zivilbevölkerung. Auch wenn der “Sonnenberg” vom Namen her freundlich klingt: Eines der größten Kriegsverbrechen deutscher Militärs wurde am Monte Sole in den Hügeln des nördlichen Apennin bei Bologna begangen. Gemeinsam haben die Partnerklassen 4 BBW und die 3 LL/LLC (Liceo Linguistico e linguistico classico) des italienischen Lyzeums Orte des Grauens in der Po-Ebene und im Apennin besucht.

Kleine Dokumentation zum Download: MonteSole-CasaCervi-Marzabotto

CasaCerviIMG_1202_WebDie zweitägige Fahrt der beiden Klassen und von ihren Begleitern und Begleiterinnen führte zunächst in die Gegend von Parma nach Gattatica. Wie schon früher dabei und sehr lebhaft der Ehrenpräsident der ANPI (Partisanenverband) Lionello Bertoldi, der trotz seines hohen Alters äußerst quirlig wirkte. In Gattatica aßen die Partnerklassen und besuchten im Anschluss das Museo Casa Cervi. Alle sieben jungen Brüder Cervi, die aus einer modern denkende und dem Fortschritt zugeneigte Bauernfamilie stammten, wurden in einer faschistischen Vergeltungsaktion umgebracht. Die Brüder wurden der Resistenza zugeordnet. Das Museum erinnert nicht nur an die Familie, sondern auch an die bäuerliche Kultur im frühen 20. Jahrhundert in der Poebene.

PoggioloIMG_1270_webÜber eine schmale Appeninen-Bergstraße, die unseren Busfahrer forderte, führte anschließend die Fahrt im Reno-Tal hinauf zum Poggiolo, unserer Unterkunft in einer weiten Wiesen- und Hügellandschaft. Dort gab es neben dem gemeinsamen Essen auch einen ersten Workshop. Der nächste Tag hielt einen herrlichen Frühlingstag bereit, der die dreigeteilte Schülergruppe zu verschiedenen Orten des Eccidio („Gemetzel“) von Monte Sole führte. Früher lebten auf diesen bis zu 700-800 Meter hohen bewaldeten Hügeln bis zu 2000 Menschen in kleinen Weilern. Heute sind es nur mehr eine Handvoll Höfe, die bewirtschaftet werden.

Spaziergang und Wanderung zugleich

Spaziergang und Wanderung zugleich

Unsere Begleiter von der „Scuola di pace“ führten uns besonders in die Geschehnisse in der Zeit zwischen dem 29. September und dem 1. Oktober 1944 ein. Einheiten der 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“ und der deutschen Wehrmacht zerstörten auf der Suche nach Partisanen die gesamte Region und töteten nachweislich über 770 Zivilisten. In der Gegend sollen sogar bis zu 1700 Menschen umgebracht worden sein. Es waren allerdings nicht Partisanen und deren Helfer, wie es euphemistisch in den Dokumenten stand, sondern vor allem Frauen und Kinder, die brutal ermordet wurden. Erstaunlicherweise versickerten die Nachkriegsuntersuchungen aus politischen Gründen für Jahrzehnte. Erst Mitte der neunziger Jahre begann man dem Massaker nachzugehen. Die meisten Täter wurden nie zur Rechenschaft gezogen.

MontesoleKreuzIMG_1357_webAn einigen der Ruinen von Gehöften und Weilern sowie am Friedhof von Casaglia machten die Gruppen Halt und beschäftigte sich mit den Geschehnissen. Heute lässt sich der Parco Storico di Monte Sole auch selbst erschließen und lädt sogar zu Radtouren, Wanderungen und Bogenschießen ein. Die teils erodierte Landschaft zeigt noch Wunden der Bombardierung, verrät aber nicht mehr viel vom Grauen der Kriegszeit.

Interessanterweise haben wir einen Verwandten eines beteiligten deutschen Soldaten getroffen, der selbst auf Spurensuche nach der Familiengeschichte war. Sein Verwandter soll bei der Verhaftung des Partisanenführers „Il Lupo“ dabei gewesen sein. Bis vor wenigen Jahren wusste die Familie von der Verwicklung nichts.Gruppe3IMG_1334_web

Nach dem Mittagessen in unserer Unterkunft Poggiolo stand schließlich noch ein Schlusstreffen und die Fahrt zum Sacrario in Marzabotto auf dem Programm, der Talgemeinde im Reno-Tal. Das Massaker am Fuß des Monte Sole läuft auch unter dem Namen Marzabotto. Dort wurden die Klassen von einem Gemeindevertreter im Rathaus begrüßt.

Gemeinsam legten die Klassen einen Kranz an der Gedenkstätte (Sacrario) nieder und machten noch ein Erinnerungsfoto, bevor die Rückreise nach Südtirol angetreten wurde. Eine außergewöhnliche Reise mit vielen Eindrücken ging damit glücklich, aber nachdenklich zu Ende – begleitet vom Gesang der musikalischen Liceo-Klasse.

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